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Die Sehnsucht hinter der Sucht
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Mäßigkeit
Die Sehnsucht hinter der Sucht

Kinder zu verantwortungsbewussten Nutzern heranwachsen lassen

Dr. med. Marko Klemenz
Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin, Suchtmedizin, Diabetologie
Kleines Wiesental, D

«Mein Mann trinkt in letzter Zeit so viel. Sie müssen ihm dringend so richtig ins Gewissen reden. Aber erwähnen Sie bloß nicht, dass ich Ihnen das gesagt habe!»

«Wir sind völlig verzweifelt. Unsere Tochter lebt in ihrer eigenen Welt. Seit sie den neuen Freund hat, ist sie völlig verändert. Wir glauben, dass sie Drogen nimmt. Sie hat schon so viele Fehltage bei der Lehrstelle. Wenn das so weitergeht, verliert sie noch ihren Ausbildungsplatz. Was können wir denn tun? Mit uns will sie nicht reden. Könnten Sie eventuell …?»

«Ich bin hier auf der Durchreise. Ich habe meine Schmerz- und Beruhigungstabletten vergessen. Wissen Sie, ich hatte eine schwierige Rückenoperation und brauche dringend meine Medikamente. Können Sie mir bitte aushelfen? Aber bitte jeweils eine Großpackung.»

Praxisalltag
Jeder Hausarzt wird solche Situationen zur Genüge kennen, und die unvollständige Liste der stoffgebundenen Suchtmittel könnte noch um nicht stoffgebundene «Dinge» wie Onlinespiele, Pornographie, Glücksspiel usw. ergänzt werden.

Ist Ihnen beim Lesen der drei anfangs genannten Aussagen aufgefallen, welche hohen Erwartungen da mitschwingen? Wie viel Druck aufgebaut wird, obwohl als Bitte getarnt?

Das kommt von der falschen Annahme, dass eine Verhaltensänderung eintritt, wenn eine Respektsperson mit viel Nachdruck die harten Fakten liefert. Diese gibt es natürlich: Alle sieben Minuten stirbt in Deutschland jemand an den Folgen von Alkohol und/oder Nikotin (in der Schweiz und in Österreich sieht es nicht wesentlich anders aus). Alkoholiker sterben 20 Jahre früher, Raucher 8 Jahre. Ein Leben mit Heroin ist auf Dauer nicht möglich. Man landet entweder im Gefängnis oder im Grab. Hart, aber so ist es!

Fakten berühren wenig
Wir verstehen alle, wie wichtig Schlaf, Ernährung und Bewegung für unsere Gesundheit sind. Trotzdem setzen wir dieses Wissen nicht immer um, sondern nur dann, wenn wir es wollen. Genauso ist es mit Menschen, die in einer Abhängigkeit gefangen sind. Sie wissen und erleben in der Regel, dass ihr Verhalten nachteilige Auswirkungen hat. Trotzdem bleiben sie dabei.

Im Umgang mit Abhängigkeiten ist es wichtig, die Funktion des Suchtmittels zu verstehen. Warum wird konsumiert? Welcher Schmerz, welche Not, welches Leid soll gelindert oder betäubt werden?

Kennzeichen und Merkmale
Häufige Alltagsprobleme von Menschen mit Suchtverhalten sind eine hohe Anfälligkeit für Ablenkung, eine geringe Frustrationstoleranz und der Wunsch nach schneller Bedürfnisbefriedigung.

 

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