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Virtuell umarmt – geht das?
Foto: iStock.com/Antonio_Diaz

Beziehungen
Virtuell umarmt – geht das?

Immer mehr Menschen knüpfen Beziehungen zu anderen über virtuelle Begegnungsräume. Die GEO-Reporterin Eva Wolfangel ist mit-eingetaucht.1 Drei erstaunliche Erfahrungen.

Judith Fockner
TV-Moderatorin

Chrystals Partys
«Leute, bei Chrystal ist wieder was los am Wochenende!» «Genial, bin dabei!» Chrystal ist ein Phänomen. Jeder ist willkommen auf ihrem Gelände. In einem grünen Fleckchen Natur hat sie eine Art Campingplatz geschaffen, der nahezu alle Bedürfnisse erfüllt. Einladende Sitzkreise rund ums Lagerfeuer, abgeschiedene Liegemöglichkeiten unter einem gewaltigen Sternenhimmel. Ihre Partys dauern nämlich nicht selten 48 Stunden und jeder findet zwischendurch einen Ruheplatz.

Auch einen Veranstaltungssaal gibt es. Ein heller Raum mit Glasfront, in dem Literatur-Lesungen und Konzerte stattfinden und spontan vierhändig Klavier gespielt und gesungen wird. Chrystal ist in der Community weithin beliebt. Auf ihren Events lernen sich neue Freunde kennen und niemand muss unbeholfen am Rand stehen. Die Gastgeberin begegnet allen offen und hat ständig neue Ideen. Niemand könnte ahnen, wie Chrystals echtes Leben aussieht. In Wirklichkeit trifft sie nämlich freiwillig keinen einzigen Menschen. Ihre wunderbare Anlage ist nur eine Simulation des Computer-Programms AltspaceVR2 (VR steht dabei für Virtuelle Realität), eine virtuelle Welt also. Die Leute, die bei Chrystal feiern, sind zwar reale Menschen – allerdings auf der ganzen Erde verstreut. Jeder Party-Gast befindet sich gerade in seinem Land, in seinem Wohnzimmer. Jeder trägt Kopfhörer, die alle Geräusche aus der realen Umgebung abschotten und nur die Töne aus dem Programm wiedergeben. Jeder hat eine Spezialbrille mit eingebautem Bildschirm vor den Augen und hält zwei Controller, die seine virtuellen Hände steuern.

Welt im Kopf
Schon nach wenigen Minuten nimmt unser Gehirn die Eindrücke aus dem imaginären Bereich als echt wahr: Es gibt für uns nur noch diese Realität, und wir sind mittendrin. In Altspace kann man frei wählen, welchen «Raum» oder welche «Naturlandschaft» man betreten und welchen anderen Nutzern man begegnen möchte. Das ist anfangs sehr geheimnisvoll, denn im Grunde kennt niemand auf VR-Plattformen das Aussehen des anderen. Als Teilnehmer stellt man sich eine künstliche Figur zusammen, die einen selbst verkörpert, und gibt sich einen Fantasienamen. Echt sind allerdings die Stimmen, mit denen man einander reden hört! Das heißt, man unterhält sich mit weit entfernten Menschen, als stünde man tatsächlich gerade beieinander an einem Wasserfall oder einer Bar oder auf einem Golfplatz.

Für Chrystal ist es die stressfreieste Form, Kontakte zu pflegen. Die 26-Jährige lebt und arbeitet in Las Vegas – ihre Freizeit verbringt sie aber fast vollständig in ihrem virtuellen Raum. «Was sagen Ihre lokalen Freunde dazu?», fragt die Wissenschaftsjournalistin Eva Wolfangel. «Ich habe keine», gibt die junge Frau offen zu. Sie hat nämlich ein Problem mit körperlicher Nähe. Eine Angststörung. «Wenn ich mit Menschen sprechen soll, fange ich an zu schwitzen und zu zittern, ich schaffe das nicht. Hier in meiner Welt geht das leichter.»

 

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